Wortschatz

1. Mädchen
Die am häufigsten gebrauchten Ausdrücke sind jeweils Verkleinerungsformen zu den ursprünglichen Grundwörtern Magd/Maid (mhd. maget/magt/mait/meit ‚Jungfrau, Dienerin‘) und Dirne (mhd. dierne/diern/dirn ‚Dienerin, Mädchen, leichtes Mädchen‘).
Im Allgäu finden wir den Ausdruck Feel, der vom lateinischen filia ‚Tochter‘ herrühren dürfte. Im östlichen (Süd-)Tirol wird ein junges Mädchen als Gitsch(e) bezeichnet.

  • Mädchen
    mbair. Dirndl (Ruhpolding )
    smbair. Möötzn (Hopfgarten/Br. )
    sbair. Madl (Schlanders )
    sbair. Gitsche (Sexten )
    schwäb. Feel (Pfronten )
    alem. Maidle (Nesslau )

2. Dienstag
Der Dienstag wurde ursprünglich nach Kriegsgöttern benannt (vgl. etwa röm. Mars – ital. martedi, franz. mardi). Ein generelles bairisches „Kennwort“ ist die alte (heute meist nicht mehr gebräuchliche) Bezeichnung Ertag/Erchtag (mit vielen lautlichen Varianten), die auf den griechischen Kriegsgott Ares zurückzuführen ist. Im Alemannischen finden wir dafür die Bezeichnung Ziestag, die auf dem germanischen Gott Ziu beruht (teilweise auch umgedeutet zu Zinstag [Zins = ‚Abgabe, Steuer‘]). Im Schwäbischen gibt es den Aftermontag (‚der Tag nach dem Montag‘), gebildet mit der Präposition (dem Vorwort) after (ahd. ‚nach‘, vgl. engl. after).

  • Dienstag
    mbair. Ertag (Bayrischzell )
    schwäb. Aftermontag (Pfronten )
    alem. Ziistag (Nesslau )

3. Kleidung
Im gesamten Bairischen wird der Ausdruck Gewand verwendet. Möglicherweise ist dies eine Wortbildung aus dem Verb wenden: Das um Tuchballen herum „Gewendete“ – also der Stoff, aus dem die Kleidung gemacht ist (bzw. auch ‚das um den Körper herum Geschlungene‘). Es könnte sich aber auch um eine Umdeutung von mhd. gewæte, gewâte ‚Kleidung‘ handeln, das sich vom Verb weben herleitet. Im Alemannischen finden wir die Bezeichnung Hääß, über deren Herkunft weitgehend Unklarheit besteht.

  • Gewand
    mbair./sbair. Gwand (Hopfgarten/Br. )
    alem. Hääß (Hittisau )

4. Gesäß
Neben verschiedenen standardsprachlichen Bezeichnungen und „verhüllenden“ Umschreibungen dieses Körperteils sind im Dialekt (noch) jene beiden regional spezifischen Ausdrücke gebräuchlich, die unsere Karte zeigt. Im Bairischen wird dafür Arsch (in je nach Gegend unterschiedlicher Lautung) verwendet, eine lautliche Weiterentwicklung des im Mhd. bereits belegten Wortes ars. Das Alemannische kennt dafür den Ausdruck Füdle/Fiidle (eine Ableitung aus mhd. vut ‚weibliches Geschlechtsteil‘).

  • Gesäß
    mbair./sbair. A(r)sch (Hopfgarten , Sexten )
    alem. Füüdle (Montlingen , Pfronten )

 

5. Fasching
Der westliche Typ Fas(e)nacht könnte auf ein ursprünglich vorhandenes Verb vasen, vaselen ‚fruchten, gedeihen‘ zurückzuführen sein und auf Fruchtbarkeitskulte hindeuten. Es ist gut vorstellbar, dass dieses Wort erst sekundär unter christlichem Einfluss umgedeutet wurde zu Fastnacht ‚der Vorabend der Fastenzeit‘ (mhd. naht bezeichnet in solchen Zusammensetzungen jeweils den Vorabend bzw. den Vortag). Auch der im östlichen Teil gebräuchliche Ausdruck Fasching lässt sich auf eine ähnliche Herkunft und eine entsprechende Umdeutung zurückführen.

  • Fasching (ältere Generation)
    mbair. Fasching (Taxenbach )
    alem. Fas(e)nacht (Grainau , Nesslau )


Bemerkenswert ist, dass die Bezeichnung Fasching – wie auch aus unserer Karte hervorgeht – ursprünglich nur im südöstlichsten Teil Bayerns und im ostmittelbairischen Teil Österreichs beheimatet war, ihren Geltungsbereich aber zunehmend ausdehnt. Dies wird besonders in einem Vergleich mit dem Sprachgebrauch der jüngeren Generation deutlich: Fasching hat sich hier bis Pfronten und Schlanders durchgesetzt!

  • Fasching (jüngere Generation)
    mbair. Fasching (Taxenbach )
    schwäb. Fasching (Pfronten )
    sbair. Fasching ( Schlanders )


 

6. Früchtebrot
Gemeint ist hier das mit verschiedenen Trockenfrüchten gebackene Weihnachts-früchtebrot, das im östlichen (süd)mittelbairischen Teil unseres Gebietes als Klotzen- oder Kletzenbrot bezeichnet wird (getrocknete Birnen werden hier auch Kletzen genannt). Weiter westlich finden wir dafür den Ausdruck Birnenbrot und Birnenzelten, Zelten in weiten Bereichen des Südbairischen (mhd. zelte ‚flaches Backwerk, Kuchen‘; vgl. auch den Ausdruck Lebzelten ‚Lebkuchen‘). Das alemannische Birnenwecken nimmt auf die länglich-keilförmige Form des Brotes Bezug (mhd. wecke ‚Keil‘), wogegen der Westallgäuer Ausdruck Singete wohl eine „durch Singen verdiente (Weihnachts-) Gabe“ benennt.

  • Weihnachtsfrüchtebrot
    mbair. Kletzenbrot (Bayrischzell )
    westmbair. Birnenbrot (Grainau )
    alem. Birnenzelten (Pfronten )
    alem. Singete (Weiler )
    sbair. Zelten (Zams , Schlanders )

7. Kartoffeln
Wir finden fast im gesamten Gebiet den dialektalen Ausdruck Erdäpfel (mit gebietstypischen Lautungen). Das Wort ertapfel gibt es bereits im Mhd. und bezeichnet Früchte, die im oder auf dem Boden wachsen (z.B. Kürbis oder Gurke). Die Übertragung der Bezeichnung auf die Kartoffel ist auch in anderen Sprachen geläufig (vgl. französisch pomme de terre). Im nördlichen Vorarlberg und angrenzenden Westallgäu wird dafür die Bezeichnung Grundbirne verwendet. Diese Bezeichnung gibt es auch in östlichen südbairischen Dialekten Österreichs (Burgenland, Kärnten) und sogar als Lehnwort im Kroatischen (krumpira).

  • Kartoffel
    bair. Erdäpfel (Taxenbach )
    alem. Grundbirne (Weiler )

8. Jauche
Für den flüssigen Dünger (Gülle oder Jauche) sind sehr viele verschiedene Bezeichnungen in Gebrauch. Fast in ganz Altbayern (und in den ostmittelbairischen Gebieten Österreichs) ist das Wort Adel (zu mhd. atel 'Morast', 'schlammiges Wasser') üblich. Die Ausdrücke Siileng und Suing im östlichen salzburgischen Teil gehen entweder mhd. sol ‚Kotlache‘ oder auf mhd. sûr ‚sauer, scharf‘ zurück; letzteres sicherlich Ausgangsform für das auch im Südbairischen geläufige Suur.
Die alemannische Bezeichnung Bschütte dürfte im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Dünger-Ausbringens („beschütten“) entstanden sein, wogegen die Lache auf die Ansammlung des flüssigen Dungs Bezug nimmt. Das Standardwort Gülle (mhd. gülle ‚Lache, Pfütze‘) tritt als dialektale Bezeichnung im Südwesten unseres Gebietes auf, wogegen das alternative Standardwort Jauche (aus slawisch jucha ‚Brühe, Suppe‘) in den östlichen südbairischen Gebieten als Dialektwort Fuß gefasst hat.

  • Jauche
    mbair. Adel (Ruhpolding )
    salzburg. Siileng (Seekirchen )
    sbair. Suur (Schlanders )
    alem. Bschütte (Fontanella )
    alem. Lache (Weiler )